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Ganz Corvey passt

in einen Koffer

Für die Schüler der 10b der August-Claas-Schule aus Harsewinkel war es der letzte Besuch als KulturScouts, ab Sommer starten die 16 Jugendlichen mit ihren Ausbildungen. Für Annette Beckert, Museumspädagogin auf Schloss Corvey, war es das erste Mal, dass KulturScouts am Programm “Museumskoffer” teilnahmen – ein spannender Tag für alle also!

Auf ihrer letzten Tour als Scouts gab es für die jungen Leute vor allem architektonische Schmuckstücke zu entdecken. Schloss Corvey mit seiner frühmittelalterlichen Klosteranlage bietet vielfältige Möglichkeiten, sich den Gebäuden und der damit verknüpften Geschichte zu nähern. Annette Beckert lenkte den Blick der Jugendlichen gekonnt auf die Highlights. So etwa auf eine zarte, nahezu verblasste Wandmalerei in der sogenannten Kaiserkirche, die auf dem bröckeligen Putz kaum mehr zu erkennen ist. Eine Darstellung von Odysseus, den viele aus der Klasse wenigstens dem Namen nach kennen.

Frau Beckert erklärt, dass es was Besonderes sei, dass heidnische Motive in einer christlichen Kirchen zu finden sind. Leider fehlte den nachfolgenden Generationen ebendieses Bewusstsein; vieles, was an Schmuck an Wänden und Architektur angebracht war, wurde abgeschlagen oder schlichtweg nachlässig behandelt, so dass heute nur noch wenige authentische Überreste zu bestaunen sind. Michelle, Schülerin der 10 b, kann sich darauf keinen Reim machen: “Warum haben die das einfach abgeschlagen?”

Die Klosterkirche besteht aus einem wilden Mix aus Stilen der Jahrhunderte. In der prunkvoll ausgestatteten Saalkirche fällt den Schülern der riesige Unterschied zwischen dem bunten, schwelgerischen Barock und dem nüchternen Mittelalterstil der Kaiserkirche auf. Doch auch wenn die aus dem 17. Jahrhundert stammende Ausstattung beeindruckend wirkt, wertvoller ist doch das Westwerk, erklärt Annette Beckert und geht mit den Schülern nach draußen, um sich genau das mit seinen imposanten Türmen von außen anzusehen. Nach einem Schlenker zum Grab von August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, selbst Dichter und Bibliothekar der fürstlichen Bibliothek, dürfen die KulturScouts auch noch die Räume mit den rund 74.000 Bänden besichtigen.

Nach dem ausgiebigen Rundgang reflektierten die Schüler das Erlebte auf kreative Weise. Eingeteilt in vier Gruppen bearbeitet jedes Viererteam ein anderes Thema. Die Schreibstube, auch Scriptorium genannt, die Geschichte von Corvey, die Architektur des Westwerks und Hoffmann von Fallersleben sind die Felder, denen sich die KulturScouts in fast wissenschaftlicher Weise nähern. Ein alter Koffer, mitgebracht als wichtige Requisite, dient als Präsentations-”Fläche”. Nach Abschluss des intensiven Vormittags werden alle Ergebnisse im Koffer arrangiert. Und natürlich kommt der Koffer mitsamt Inhalt mit in die Schule, wo diese kleine Ausstellung auch zukünftig zu bestaunen ist.

Lilian Wohnhas, 2013