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Meister Lehmanns

Leibspeise

Jeder dritte Lipper vor rund 100 Jahren war ein Wanderarbeiter und verdingte sich in einer der vielen Ziegeleien. In dem LWL-Industriemuseum Ziegelei Lage sind einige originale Bauwerke, Werkstätten und Gerätschaften noch erhalten; zu besichtigen ist außerdem die Villa Beermann mit dem Museum, ein Kotten einer Tagelöhner-Familie mitsamt Garten und natürlich kann man dort ganz praktisch arbeiten.

Das Leben der Ziegler war einfach und ärmlich, erfahren die Schülerinnen und Schüler des Immanuel-Kant-Gymnasiums aus Bad Oeynhausen, die am heutigen Tage die Ziegelei besuchen. Die Väter und Brüder ab 14 Jahren waren für rund 9 Monate im Jahr außer Haus. In dieser Zeit versorgten ausschließlich die Frauen und Kinder den Haushalt. Zum Leben der Ziegler gehört natürlich auch die Frage, was auf ihrem Speiseplan stand. Für die KulturScouts ganz klar: das Essen kam aus dem eigenen Garten oder Stall! Dass das gesünder war als vieles, was wir heute zu uns nehmen, wissen die jungen Scouts ebenfalls. Aber wie haben die Ziegler ihr Essen denn eigentlich zubereitet? Und was war die übliche Nahrung, tagaus tagein?

Birgit Morgner, Museumspädagogin in der Ziegelei, erklärt zunächst einmal, worauf gekocht wurde: auf einer Kochmaschine. So nannte sich der Herd damals. Und er wurde auch mit echtem Holz betrieben – erste Aufgabe für die KulturScouts: in der museumseigenen Kochmaschine dafür sorgen, dass das Feuer niemals ausgeht. Also heißt es, alle 10 Minuten Holz nachlegen und mit dem Schürhaken in die Glut schieben.
Gegessen wurden neben Hülsenfrüchten fast jeden Tag Kartoffeln – „die geben ordentlich Energie, und die brauchten die Ziegler auch für ihren harten körperlichen Alltag“, so Birgit Morgner als Erklärung. Schnell sind zwei Töpfe aufgesetzt und die Pellkartoffeln garen auf der Kochmaschine. Als Beilage gibt es Kräuterquark, natürlich mit frischen Kräutern aus dem Garten. Während eifrig geschnitten und gehackt wird, rührt ein Mitschüler bereits den Quark an und schmeckt ab.

Bevor aufgetragen wird, besichtigen die Schülerinnen und Schüler noch den Tagelöhner-Kotten und bekommen dafür einen Fragebogen. Doch zunächst einmal müssen sie ihren Bewegungsdrang ausleben und das Gebäude spielerisch erkunden. Dabei fällt ihnen auf, dass die Decken sehr niedrig waren; kein Wunder, waren die Menschen doch viel kleiner als heute, erklärt mir eine Schülerin.
Wenig später sitzen alle am Tisch der Küche in der Villa Beermann und lassen sich die Kartoffeln mit Quark schmecken. Keine einzige Kartoffel bleibt übrig. Als Nachtisch gibt es noch einen kleinen Ausflug in Sachen Ziegelherstellung – doch wie das genau funktioniert, müssen die KulturScouts auf ihren nächsten Besuch verschieben. Und dass der stattfindet, daran lassen sie keinen Zweifel.

Lilian Wohnhas, 2014