Von Romeo & Julia
zu Faust
Mittwoch, 11. Mai 2011: Der Schultag beginnt für die 6. Klasse der Eisenhoitschule aus Warburg heute im Hof des Landestheaters in Detmold. Unter freiem Himmel wird das Hoftheater für die Premiere am kommenden Freitag vorbereitet. Zwischen Bierbänken und hölzerner Bühne erläutert Mohamed Ahmed das Programm des Vormittags. Nach einem kurzen Einblick in die Geschichte des Theaters stellt er die unterschiedlichen Berufe im Theater anhand von Gemälden an der Mauerfassade vor. Im Theater arbeiten viele Menschen auf engem Raum. Die Intendanten müssen dann zum Beispiel in ihren Büros Platz für die Lichttechniker machen, die am Abend aus den Fenstern heraus die Bühne des Hoftheaters ausleuchten. Weiter geht’s im Landestheater dahin, wo andere Besucher nie hinkommen – auf die Bühne! Dort sitzt gerade ein Bühnenbildner und näht an einem riesigen Vorhang. Doch Halt! Die Kulturscouts müssen an der Seite stehen bleiben, gleich wird das Ballett Romeo und Julia geprobt und da sind keine Straßenschuhe auf der Bühne erlaubt! Durch den Seiteneingang geht es in den Publikumssaal. Wie sitzt es sich denn in der ersten Reihe? Im Kino sind diese Sitze äußerst unbeliebt, im Theater heiß begehrt. Von hier kann man jeden Gesichtsausdruck der Schauspieler und der Tänzer sehr gut erkennen.
Der Blick in das Restaurant mit festlichen Kronleuchtern und edlen Fürstenbildern lässt dem ein oder anderen ein „Das sieht ja aus wie in einem Schloss“ entlocken! Im obersten Rang, beim Blick in den knapp 30 m tiefen Saal verschlägt es dann auch den letzten Scouts die Sprache. Ganz gespannt folgen sie den Geschehnissen auf der Bühne: ein Tänzer wärmt sich mit Dehnungen und leichten Sprüngen im Spagat auf. Weitere Tänzer und Tänzerinnen kommen auf die Bühne. Als der Ballettdirektor hinzukommt, wird Herr Ahmet leise und bittet auch die Kulturscouts um Ruhe: Jetzt müssen sich die Balletttänzer und der Direktor auf die Szene konzentrieren, die es für die Vorstellung am Abend vorzubereiten gilt. Am liebsten würden die Scouts die Probe weiterverfolgen, doch die Zeit drängt… Hut- und Kostümfundus verstecken sich auf derselben Etage ganz oben auf einer Art Dachboden. Es ist sehr eng und die vierzehn Scouts finden kaum einen Weg durch die vielen Regale und Kleiderstangen. Die Bühnenbilder für die verschiedenen Theaterstücke finden sich dagegen im Erdgeschoss. Die Kulturscouts treffen dort auf zwei Bühnenbildnerinnen, die gerade eine riesige Feder aus Gips und ein Tintenfass für die Zauberflöte herstellen.
Mit so vielen Eindrücken geht es zur zweiten Station: dem Kinder- und Jugendtheater Kaschlupp. Herr Brandt startet gleich mit einigen Aufwärmübungen. Ziel ist es, den Scouts ein Gefühl dafür zu geben, wie wichtig Aktion und Reaktion für Schauspieler sind. Ohne ein sensibles Miteinander und große Aufmerksamkeit verpufft jede Aktion: ein Zusammenspiel für die Bühne wäre unmöglich! Die Kulturscouts lernen, worauf es noch ankommt: Schnelligkeit und Kreativität. Wie stellt man als Gruppe einen Samuraikämpfer dar? Kann sich die Gruppe ebenso schnell wieder zur Figur formieren, wenn ihr nach und nach ein Mitglied genommen wird? Nach einer kurzen Pause steigen die Kulturscouts mit Goethes Faust ins klassische Theater ein. Anhand von selbstgemalten Bildern wird die Geschichte um den Gelehrten Faust, Teufel Mephisto und das schöne Mädchen Gretchen rekonstruiert. Zum Abschluss sitzen die Scouts zusammen und diskutieren, wie Faust und Co. sich auf der Bühne darstellen ließen. Dass das gar nicht so einfach ist, merken sie schnell an den Reaktionen ihrer Mitschüler, die die Verwandlung nicht bemerken. Aber Schauspieltalent fällt nicht immer vom Himmel – das kann man lernen. Den ersten Schritt dafür sind die Kulturscouts von der Eisenhoitschule aus Warburg heute gegangen!
Christina Esche